Stand: 18.09.04

Verbesserte Stangenlager für 97 501


Bei der Aufarbeitung der Zahnradlok 97 501 wurde die Frage gestellt, ist Weißmetall als Lagerwerkstoff für Dampflokomotiven am Ende des 20. Jahrhunderts noch Stand der Technik? Diese Frage wurde umso heftiger diskutiert, je öfter Lagerprobleme von anderen Museumsbahnen bekannt wurden. Nach vielen Gesprächen mit mehreren Gleitlagerspezialisten, können wir heute sagen: zu Weißmetall gibt es keine Alternative.
Bei der Aufarbeitung der Stangenlager für unsere wü Hz sind wir allerdings von der bekannten Technik in zwei wesentlichen Punkten abgewichen. Dies sind zum einen das Lagermetall und zum anderen das Gießverfahren. Es wird statt den bisher bekannten WM-Legierungen, wie z. B WM80, eine vollkommen neu entwickelte Legierung verwendet. Die bekannten WM-Legierungen enthalten unter anderem auch die teilweise giftigen Schwermetalle Arsen, Cadmium, Blei und Nickel. Die bei 97 501 eingesetzte Legierung Tegostar 738 enthält statt der genannten Metalle als Legierungsbestandteil die unproblematischen Stoffe Zink zu 0,6% und Silber zu 0,1%. Die technischen Eigenschaften der neuen Legierung Tegostar 738 liegen im Rahmen der anderen bekannten Legierungen. Die aber für ein Gleitlager besonders wichtige Kriechneigung unter Druck ist etwa 10 mal kleiner als bei WM80. Das neue Lagermetall wurde in einem englischen Stahlwalzwerk als Retter in der Not eingesetzt. Die bisherigen Lagerschalen aus einer dem WM80 ähnlichen Legierung hatten eine Standzeit von 3 bis 4 Tagen. Zunächst wurden nur die vom Walzdruck beaufschlagten Oberschalen mit Tegostar 738 ausgegossen. Nach 10 Betriebstagen versagten die unbelasteten Unterschalen mit herkömmlichem Lagermetall. Die Oberschalen waren noch in Ordnung. Die Lebensdauer der Oberschalen liegt mit Tegostar 738 bei etwa 30 Betriebstagen. Dieses Ergebnis spricht eigentlich für sich. Das weiter sehr wichtige Argument für den Einsatz von Tegostar 738 ist der Verzicht auf Arsen, Cadmium (bereits seit langen Jahren in Skandinavien verboten) und Blei.
Bei der Dampflokaufarbeitung werden heute üblicherweise die Lager immer noch im Handgussverfahren ausgegossen. Bereits in der letzten Ausgabe der DB - DV946 von 1960 wird das Schleudergussverfahren beschrieben. Das Schleudergießen wird bereits damals als dem Handguss überlegen dargestellt. Durch die Technik des Schleuderns wird ein poren- und lunkerfreier Ausguss erreicht. Dadurch ergibt sich eine höhere Tragfähigkeit bzw. längere Lebensdauer des Lagers. Es werden keine Gießformen benötigt. Stattdessen werden pro Lager zwei einfache Scheiben benötigt, die die Stirnpartie formen. Es können sowohl Buchsenlager als auch geteilte Lager ausgeschleudert werden.Wir haben die Buchsenlager der 97 501 so abgeändert, dass für alle acht Buchsenlager nur ein Scheibenpaar erforderlich ist. Für das Hauptkuppellager und das Treibstangenlager sind zwei weitere Scheibenpaare erforderlich. Die Aufnahmescheiben sind einfache Drehteile, die selbst für einen weniger geübten Dreher leicht herstellbar sind. Das Schleudergussverfahren ist heute, am Ende des 20. Jahrhunderts, Stand der Technik. Das von uns mit dem Ausschleudern beauftragte Unternehmen liefert Schleuderguss - WM-Lager an viele namhafte Maschien- und Getriebebauer, auch Bahngesellschaften zählen zum Kundenkreis.
Wie bereits eingangs erwähnt ist Weißmetall in seinen Eigenschaften als Lagermetall für höchste Belastungen immer noch unerreicht. Wir hoffen durch die Maßnahmen Tegostar 738 und Schleuderguss für unsere Zahnradlok 97 501 langlebige Stangenlager geschaffen zu haben.
Rolf Henzler, 1998


Kontaktadressen

Tegostar 738:
Fa. Eckart - Poudmet
H. Dipl. Ing R. Koring
Gerlingstr. 65, 45139 Essen
Tel.: 0201 / 1732291, Fax.: 0201 /01731836
Schleuderguß:
Fa. Edelmann
Am Filswehr 7, 73207 Plochingen
Tel.: 07153 / 21793, Fax.: 01753 / 72504